zur Ausstellung Frank Kunert – LIFESTYLE

 

 

 

Trinkhalle

 

Als er ins Wasser sprang, war er schon zehn Minuten zu spät. Gerade heute hatte er besonders pünktlich sein wollen. Sein erster Arbeitstag nach dem Praktikum in der Trinkhalle.

 

Der Senior war durchaus angetan gewesen von ihm und hatte ihm bei einem sprudelnden Wasser gestanden, dass er sich schon lange zurückziehen wollte. Seit Monaten sei er auf der Suche nach einem Nachfolger für diesen besonderen Arbeitsplatz.

 

Jonas lächelte in Erinnerung an den alten Karl Rheinfels.

 

Endlich hatte sich sein Apnoe Training ausgezahlt. Seit Jahren trainierte er seine Lunge, bemühte sich um immer längere Atempausen, übte Streckentauchen auf horizontaler Ebene. Seit sechs Monaten auch Tieftauchen. Bis auf 50 Meter hatte er es schon gebracht ohne Pressluftflasche. Es war alles eine Frage des Wollens und der Disziplin. Zuletzt hatte er sich mit Hilfe einer App und von Meditationen noch weiter gesteigert.

 

Jetzt war er am Boden des Tauchturmes angekommen. Die Kacheln leuchteten in einem genialen Blauton, als er den Lichtschalter für seinen Arbeitsplatz antippte. Er zog das hölzerne Rollo hoch und hängte die Langnese Fahne in die Vorrichtung. Schon wieder hatte jemand seine Zeitung liegen gelassen. Er räumte auch eine letzte leere Flasche Rotwein vom Boden, bevor er den dringenden Bedarf verspürte an Luft für seine Lungen. Beim Blick auf seine Tauchuhr war er überrascht. Sieben Minuten vierundzwanzig! Er steckte den Schlauch auf seine Maske und sog langsam und konzentriert das kostbare Gas ein. Spürte, wie es durch seinen Körper floss und seine Lungen wieder füllte. Das war es, was er als Glück bezeichnete.

 

In diesem Element, hier, war er endlich zu Hause.