Beitrag zur BLOG Parade von Michaela Ziegler und Sabine Hinterberger zum Thema:

Ungebetene Gäste.

Das 4. und 30. zu verwendende Wort heißt: DER und ICH ...

Mein Beitrag ist auch beim Mittwochs-Grünraumschreiben entstanden mit Klingel- und Lärmunterbrechungen und somit 3 ungebetenen Gästen, die ich hervorgehoben habe.

Viel Spaß damit!

                                                 Bild von pixel1 auf Pixabay

Eine Backpfeife für ungebetene Gäste

 

Kurt zog sich seinen besten Anzug an. Das Wochenende war vorbei und die Arbeit rief. Endlich Er liebte seinen Job. Fröhlich pfiff er ein Liedchen, als er sich geschniegelt und gestriegelt auf den Weg machte. Er parkte seinen Wagen außerhalb der Stadt, da wo es nur noch eine kurze Strecke war, um zu den Gehöften der Menschen vom Land zu kommen.

Leichter konnte er keine Beute machen. Die Landleute mochten sich mit ihren Schafen und Kühen auskennen, aber für einen Städter wirkten sie geistig eher schwerfällig. Sicher hatte er selbst keine Ahnung von Landwirtschaft, aber das wollte er auch gar nicht. Er wollte diesen Menschenschlag davon überzeugen, dass sie sich gegen alles Mögliche versicherten – zu seinen Bedingungen. Und zu seinen Gunsten. Wievielen hatte er bereits eine Versicherung gegen Methanwolkenexplosion verkauft! Bei 50 Kühen im Stall läpperte sich das. Er zeigte sich aber auch gerne großzügig. Ein Rabatt von 10 % bei jährlicher Zahlung war überhaupt kein Ding!

Er schlug den Holzgriff der Tür. Einmal, zweimal.

Die Bäuerin zuckte ehrfürchtig zusammen, als sie ihn vor der Tür stehen sah.

„Toni Bauernfänger, grüß Gott!“, so begann er schmeichelnd. „Sicher haben S‘ schon g’hört, von der Versicherung, die all‘ Ihre Nachbarn abgeschlossen haben?“

Sie nickte. „Ja, scho‘. Aber ich san mir nicht sicher, woll’n lieber abwarten, ob das jetzt …“

 

Toni Bauernfänger trat einen Schritt zurück, als der Gerichtsvollzieher an ihm vorbeipreschte.

„Halt. Stopp. Im Namen des Gesetzes. Hier wird nichts mehr ge- oder verkauft. Verschwinden Sie. Jetzt kommt der Kuckuck!“

Die Bäuerin blickte von einem zum anderen, wusste nicht recht, ob sie froh sein sollte oder nun vom Regen in die Traufe kam. Sie sprang zur Seite und rief hilfesuchend ihren Mann, der aber gar nicht daheim, sondern auf dem Feld mit der Ernte beschäftigt war.

„Ihr Gemahl kann das jetzt auch nicht retten, gute Frau. Da hätten S‘ nicht so einen Maschinenpark anschaffen dürfen! Was haben wir denn hier?“

Die Hausherrin sprang wie ein gejagter Hase durch das Anwesen. Schlug die Hände über dem Kopf zusammen, als der Kuckuck auf dem guten Tafelsilber der Urururgroßmutter landete. In der Scheune klebte er bald auf dem nagelneuen Mähdrescher und der vollautomatischen Melkmaschine mit dem Ultraschalleuterabtaster.

Hans Herrmann würde in Ohnmacht fallen. Sein Lebenswerk war beklebt und damit verloren.

„Wie sollen wir denn da fortbestehen, Herr Gerichtsvollzieher?“

„Was weiß ich“, sagte der nur und verklebte den letzten Kuckuck auf dem geländegängigen Wagen des Hausherrn.

Bäuerin Mathilde blickte ihn tiefgetroffen an. „Das meinen Sie nicht im Ernst! Wie kann ein Mensch nur so hartherzig sein und uns die Existenz nehmen! Es war ein hartes Jahr. Sogar zwei. Erst jetzt, seit zwei, drei Wochen hatten wir den Eindruck, es würde wieder aufwärts gehen.“

 

Der Gerichtsvollzieher hielt inne. Die Worte von Mathilde Ohnesorg krochen ihm den Rücken hinauf und bewirkten etwas in seinem Inneren. Selbstzweifel! War es tatsächlich richtig, was er tat? Natürlich befolgte er nur einen Auftrag, aber konnte er nicht schon lange nicht mehr ruhigen Gewissens schlafen, weil ihn die Blicke und geflehten Worte der Schuldner tags und nächtens verfolgten?

Wollte er etwas ändern? Konnte er überhaupt etwas ändern? Wie wäre es denn, wenn er sein Leben umgestalten würde? Eine einfache Wohnung nähme und auf dem Land lebte? Er könnte seine Ersparnisse aufzehren, die Idylle und Ruhe genießen. Er könnte … wie ein Blitzschlag kam es ihm in den Sinn. Wie wäre es, wenn er hier, bei den netten Ohnesorgs ein Zimmer bezög, sie bei der Hofarbeit unterstützte? Das wäre doch eine win-win Situation!

„Frau Ohnesorg, ich hätte da eine Idee!“ Er lächelte sie an. „Wie wäre es, wenn wir gemeinsam, mit Ihrem Mann, neue Wege gehen?“

 

Die Bäuerin schaute ihn entrüstet an, bekreuzigte sich und verpasste dem ungebetenen Gast die Backpfeife seines Lebens!